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timefliesaway 's review for:

3.5
challenging emotional reflective fast-paced

 
Klara war, zu ihrer Vaters Enttäuschung, ein Mädchen und kein Junge. Ihre Mutter hingegen freute sich, und wollte das perfekte Mädchen großziehen. Doch Klara wollte kein Mädchen sein, raufte lieber mit den Jungen und schnitt sich die Haare kurz. In der Schule entwickelte sie eine Schwärmerei auf ihre Lehrerin und realisierte so, dass sie kein Interesse am anderen Geschlecht hat. Das bekamen auch ihre Klassenkamerad*innen mit und sie wurde schon bald gehänselt. 
Ihre Mutter wurde zweimal noch schwanger und bekam einmal den Sohn, den sich ihr Vater immer gewünscht hatte, und eine Tochter, die ihre Mutter unbedingt wollte. Nach einem Vorfall in der Schule, waren ihre Eltern nur zu froh, sie auf ein Internat zu schicken. Dort erfährt sie, dass sie wirklich lesbisch ist und beginnt ihr Leben neu mit dieser Selbstfindung. 
 
 
Mir tat Klara wirklich leid. Von den Eltern weggestoßen, nur weil sie nicht das perfekte Kind ist, das sie sich wünschten, in der Schule gehänselt, von ihren eigenen Gefühlen überwältigt ... Und immer, wenn sie mal eine schöne Zeit hatte, mit einer Person, die ihre Sehnsucht erwiderte, lief nach nur wenigen Seiten alles aus dem Ruder. Das Schicksal meint es echt nicht leicht mit ihr. 
Vor allem als ihre Oma starb – die einzige in ihrer Familie, die Klara so akzeptierte wie sie war –, kamen mir die Tränen. Zum einen musste ich an meinen eigenen Opa denken, der schon vor vielen Jahren verstorben war, zum anderen konnte ich Klaras inneren Tumult zu gut verstehen, auch wenn ich nicht annähernd dasselbe durchmachen musste wie sie. 
 
Der Schreibstil ist relativ einfach gehalten, kann die Gefühle den Lesenden aber gut überbringen und, wie oben schon erwähnt, auch deutlich zu spüren geben. Wer emotional ist, kann sich mindestens ein Taschentuch bereithalten. 
 
Gefallen hat mir nur nicht wie mit Affären umgegangen war und generell das Liebesleben aller dargestellt wurde. Es gab 3 (bzw. 4) Repräsentationen an Sexualitäten – lesbisch, schwul und hetero (und bi) – und davon wusste anscheinend nur das schwule Paar, was Treue zum Partner bedeutet. 
Nun, ich hab mit Rosenbeziehung absolut keine Erfahrung auf persönlicher Ebene, also kann ich das natürlich nicht ganz beurteilen, aber hatte trotzdem angenommen, dass Affären nicht so ein alltägliches Ding sind, wie hier dargestellt? Die eine hat nichts dagegen, mit einer jungen ein bisschen zu vögeln, obwohl sie eine feste Freundin hat; ein Typ macht mit einem Mädchen vor seiner Freundin rum (na ja, okay, es war auch die Idee seiner Freundin ...); ein anderer spannt seine Lehrerkolleginnen aus und geht auf Dates, obwohl er verheiratet mit Kindern und einer schwangeren Frau ist; eine andere macht mit ihrer Partnerin Schluss, packt am selben Tag die Koffer und verkündet, sie zieht mit ihrer neuen Freundin in eine andere Stadt ... Und vermutlich noch einige andere Situationen, die ich hier vergessen habe. 
Also ich hatte noch nie das Gefühl gehabt, was zu verpassen, nur weil ich glücklich single bin, aber wenn das tatsächlich die Realität in Sachen Rosenbeziehungen ist, bin ich umso mehr froh, das nicht nötig zu haben. 
 
In dieser Hinsicht (bezüglich der Affären) fand ich aber schon cool, dass hetero- und homosexuelle Beziehungen gleich behandelt wurden – homophobe Menschen wären überrascht, wie viele Gemeinsamkeiten es da gibt. 
Die eine bisexuelle (oder auch pan oder poly, das wurde nicht so genau gesagt) Repräsentation entstand sogar durch einer dieser Affären. Das positive dabei war, dass die Charaktere über 40 sind, und es zu wenig queere Diversität in dem Alter gibt. Zudem hat sich der eine Charakter (um die 40) neugefunden und entdeckt, dass derjenige bi/pan/poly ist. Selbstfindungen in dem Alter werden oft kleingeredet, was diese Repräsentation umso besser macht. 
 
Was die Charaktere angeht, hätte ich mir ein bisschen mehr Vertiefung gewünscht. Manche bekamen zwar viel Aufmerksamkeit und wurden gut beschrieben, andere, ebenso wichtige, wurden mal kurz erwähnt, obwohl sie viel zur Story beigetragen haben. 
Zum Bsp. wurde beschrieben, dass Klara schlechten Kontakt bis auf keinen mit ihren Eltern hat, seit sie aufs Internat gezogen ist. Später, bei der Beerdigung ihrer Oma, wissen aber plötzlich alle, dass sie lesbisch ist und auch eine Freundin hat und was sie eben so treibt. Das war ein zu großer Sprung, ehrlich gesagt. Gefehlt hat mir die Info bezüglich der Beziehung zu ihren Eltern, und dass der Kontakt überhaupt noch da war. 
Ein anderes Mal kam raus, dass sie eine gute Beziehung mit ihrem Bruder hatte, obwohl dieser eigentlich nie erwähnt wurde – das letzte Mal, als sie ins Internat zog und da war er noch sehr jung. 
 
Allerdings lese ich nicht oft Liebesromane und Chick-Lit noch weniger. Vielleicht ist das vorherig genannte normal in dem Genre. Wenn ja, dann ignoriert den Punkt einfach. 
 
Ein paar Rechtschreibfehler sind mir vor allem in der zweiten Hälfte aufgefallen, worüber ich ein wenig gestolpert bin, aber es auch kein großes Drama ist. Verwirrt hat mich nur manchmal, dass ein Ausrufezeichen (!) oder Punkt (.) statt einem Fragezeichen (?) bei Redewendungen benutzt wurde, obwohl dahinter „fragte er/sie" stand. 
 
 
Zur Zusammenfassung: 
 
Negativ: 
- Darstellung der Affären 
- Schreibfehler (wenig aber) 
- (fehlende) Info der Beziehungen von Charakteren (außer die Rosen) 
 
Positiv: 
- queere Repräsentation: lesbisch, schwul, bi/pan/poly 
- 40+ queere Charaktere 
- Schreibstil: liest sich schnell, emotional 
- Gleichstellung der Affären 
 
Im großen und Ganzen hat mir die Geschichte aber gefallen, wenn auch Klaras Leben überwiegend schwierig und traurig ist. Ich hab es in einem Zug durchgelesen und kann es weiterempfehlen. 
 

Vielen lieben Dank an die Autorin für ein Rezensionsexemplar! Auch mit Signierung. <3
Die Meinung ist meine eigene und wurde davon nicht beeinflusst.

-12.11.23