silberfederling's profile picture

silberfederling 's review for:

Twig im Dunkelwald by Paul Stewart, Chris Riddell
3.0

Irgendwie ist "Twig im Dunkelwald" ein Buch übers Anders-sein, sich verirren, versuchen dazuzugehören, Vertrauen fassen, aber immer wieder ausgestoßen und in Gefahr gebracht zu werden.
Beim Lesen hat mich das Buch auch immer wieder an "Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär" erinnert. Einerseits, wegen des Aufbaus, in jedem Kapitel erlebt Twig ein neues, kleineres Abenteuer und lernt neue Wesen kennen, aber im Großen und Ganzen geht es darum, am Ende irgendwo anzukommen. Andererseits wegen der Wesen selbst.
Der Dunkelwald, beziehungsweise auch einfach das ganze Klippenland, ist wirklich sehr phantasievoll gestaltet. Es gibt unterschiedlichste Wesen, die nicht unbedingt Spiegelbilder der Standard-Fantasy-Wesen sind. (Nicht, dass die Standard-Wesen etwas schlechtes sind, aber es ist auch cool, wenn neue Wesen dazukommen und sich Leute selber Dinge ausdenken.)
Und ich bin tatsächlich auch ein riesen Fan des Zeichenstils. Er passt zur Abstrusität der beschriebenen Wesen und ich weiß noch, wie der als Kind, als ich das Buch zum ersten Mal gelesen habe, meine Fantasie befeuert hat.
Ich habe das Buch damals auch mit 13/14 das erste Mal gelesen und kann mich noch gut erinnern, wie gut ich mich in Twig damals hineinversetzen konnte bzw. auch seine Entscheidungen nachvollziehen konnte - auch wenn mir manche nicht ganz so durchdacht vorkamen -, daher würde ich auch sagen, dass das realistische Porträt eines 13-jährigen mit Twig ganz gut hinbekommen wurde.
Auch was den Schreibstil angeht, punktet das Buch. Es ist angenehm lesbar, zum Teil vielleicht etwas zu leicht geschrieben, aber eigentlich stört das nicht weiter, auch wenn man das Buch als Erwachsener angeht. Und man kann sich die Wesen, die auftauchen, tatsächlich extrem gut vorstellen und hat definitiv Lust zum Weiterlesen.

Zur Story:
Ich habe am Anfang ja schon einen kurzen Abriss geschrieben, worum es in dem Buch meiner Meinung nach geht. Ich finde, dass dieses "Auf dem Weg verloren gehen und am Ende doch irgendwo ankommen" an und für sich echt gut erzählt. Es gibt Passagen während des Verloren seins, in denen Twig von Anfang an weiß, dass er in Gefahr ist, wo er erst in Gefahr gerät, und in denen er sich in Sicherheit wiegt, aber dann etwas schief geht.
Was beim Lesen etwas stört ist das ständige Gefühl von Deus Ex Machina.
Spoiler Dieses wird dann am Ende zwar durch den Schleimschmeichler, der auch durchgängig vorab erwähnt wird, erklärt. Was mir aber dennoch sehr willkürlich vorkommt, vor allem im Bezug darauf, dass er in den späteren Bänden meines Wissens nach keine Relevanz mehr hat, aber als ein Wesen porträtiert wird, das nicht nur im Dunkelwald Macht hat. Zudem bin ich nicht ganz so glücklich damit, wie er am Ende bei den Luftpiraten ankommt. Ich hätte die Begegnung mit ihnen nicht direkt vor den Schleimschmeichler gesetzt, da es mir etwas willkürlich vorkam, dass Twig von ihnen in Stich gelassen wurde, um dann doch wieder dort zu landen. Ach ich weiß auch nicht, lest das Buch einfach selber und bildet euch selber eine Meinung über die Auflösung des Buches und der Reihenfolge der Ereignisse.

Es gab während des Lesens auch einige Handlungselemente/Porträtierungen, an denen ich mich gestört hatte, neben dem andauernden Deus-Ex-Machina-Gefühl, vor allem das Höhlenfurien-Kapitel betreffend. Allerdings waren auch einige coole Kapitel dabei, wie zum Beispiel der Banderbär, bei denen man immer wieder mitgefiebert hat und komplett gebannt war.

Ich würde dem Buch so summa summarum 3,5 Sterne geben, aber mit Leseempfehlung.