3.5
adventurous funny lighthearted fast-paced
Plot or Character Driven: Plot
Strong character development: Complicated
Loveable characters: Yes
Diverse cast of characters: No

Hmm, bin ein bisschen sehr zweigespalten. Einerseits echt gut, andererseits gab's auch viele Tropes, die ich so gar nicht leiden kann. Es war insgesamt relativ klischeehaft, hatte aber auch ein paar Anti-Klischees.

Fangen wir mal mit dem Negativem an.

1) So viele Klischees, innerhalb weniger Seiten! Gefühlte Bände wurden übersprungen. Zum Bsp.: 

  • - Der Protagonist war anfangs der Schwächling, der von allen ausgelacht wird, unter anderem weil er eine Waffe hat, die als Spielzeug angesehen wird. Am Ende ist er natürlich der Held, den jeder respektiert und nun auch beigebracht haben möchte, wie man mit seiner Waffe umgeht. 
  • - Wattsche (der Prota.) ist in eine Frau verliebt, aber ein anderer Mann in die gleiche auch. Und wie wird das entschieden? Genau, durch einen Zweikampf der beiden. Die Frau hat natürlich nichts mitzureden.
  • -
    Wattsche wird nicht nur zum Held am Ende, sondern gleich zum Prinzen gekrönt.
  • - Obwohl gesagt wurde, dass beide Geschlechter gleich stark sind, wird Tanana (die Schönheit, um die gekämpft wird) ständig als schwach beschreiben, die von ihren Begehrten gerettet werden muss. Und obwohl sie in anscheinend ernsthaften Schwierigkeiten steckt, kämpfen die Männer lieber weiter miteinander, anstatt zusammenzuarbeiten, um sie überhaupt zu befreien. 
  • - Männer denken ständig nur an das Eine und zwischen den Geschlechtern kann es keine normalen Freundschaften geben. 

2) Es wurde häufiger "Show, don't tell" angewendet, als andersrum. Z.B.: 

  • - Eine Grintelkriegerin und ein Grintelkrieger, die Wattsche begleitet haben. Der Mann ist in sie verknallt und das sieht man deutlich. Bei der Frau wurde aber null Interesse gezeigt. Freundschaftliches, ja, aber die schienen mehr wie Kollegen, die zwar zusammen trainiert haben, aber da sonst nichts Weiter ist. Aber da es sich hierbei um Hetero-Romantasy handelt, muss da natürlich was sein. Frauen und Männer einfach nur befreundet? Unmöglich!
  • Am Ende hat er sie um ihre Hand angefragt, und was hat sie gesagt? Ja! Woher kam das überhaupt??
     
  • - Wattsche wird als Schwächling beschrieben, der von keinem im Volk respektiert wird. Trotzdem gewinnt er jeden Kampf gleich beim ersten Mal, Tiere tötet er mit dem ersten Schnitt/Wurf. Jeder Sieg liegt ihm zu Füßen und geht auch noch schnell. Er hat nicht einmal verloren. 
  • Hatte sich das Glück vor dem Buch nur so angesammelt, und ist dann zufällig beim Beginn endlich aufgeblüht? 

2.2) Frauen sind "Schätze". 

Es wird zwar oft erwähnt, dass Frauen und Männer gleich stark sind, dieselben Berufe haben und in der Gesellschaft eigentlich keinen anderen Rang. Trotzdem werden sie gleichzeitig auch immer wieder wie Schätze beschrieben (auch wenn das direkt nicht so gesagt wird), wie Objekte, die man gewinnen muss.
Wie gesagt, bei der Heirat haben sie nicht wirklich mitzureden. Sie werden zwar gefragt, ob sie ihn heiraten mag, aber sobald ein anderer auch Interesse hat, regeln es nur die Männer untereinander. Diesen Zweikampf gibt es unter den Frauen anscheinend nicht und soweit hatte die Frau auch noch nie als erste Interesse gezeigt, wenn überhaupt.
 „Irgendwann würde sie verheiratet werden, Kinder bekommen. Sie wäre für Wattsche verloren.“ (S. 80) Aha, er will also nur mit ihr Kinder bekommen, aber so richtig lieben tut er sie eigentlich nicht? Das typische Motto, dass Frauen nach dem Kinderkriegen hässlich werden und kein Mann eine Frau mit Kindern haben will?
Die Zwergen sind ganze Meilen gegangen, einen Riesen zu beauftragen, eine Grintelfrau zu stehlen, nur weil sie anscheinend keine Zwergenfrauen mehr haben, die sie verheiraten können. Die Grintelfrau hätte da sicherlich kein Mitspracherecht. Vor allem sehen die Spezies nicht aus, als kommen sie miteinander klar, also ist davon auszuschließen, dass sie sich nicht freiwillig miteinander in dieser Weise mischen würden, es sei denn, es ist wirklich sehr brenzlig. 
Oder sie haben nur keine hübsche Frauen mehr und die Männer wollen lieber Hybrid-Kinder, als mit einer "hässlichen" Zwergenfrau zu schlafen? Wie soll man das verstehen?
 

3) Beim World-Building muss noch gefeilt werden. 

Viele Fragen stehen mir am Ende noch offen. Abgesehen von der Bekanntmachung am Ende natürlich, aber jetzt nur auf die Welt an sich bezogen, die es ja von Beginn an gab, aber von Anfang an Verwirrungen zeigte.
  • - Zum einen war ich ziemlich überrascht, als Menschen erwähnt wurden. Bei einer Fantasywelt denkt man (oder vllt nur ich) eben nicht daran, dass stinknormale Menschen dort auch leben. Gerade wenn die Hauptcharaktere keine Menschen sind. Oder auch weil Zwergen, Grintel, Riesen, etc. schon menschenähnlich sind, also wozu braucht man dann noch normale Menschen?
    Verwirrt hat mich hier aber, in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Verfeindet oder wissen die Menschen nicht mal von ihrer Existenz? 
    In welcher Welt spielt es überhaupt? Ist es Urban Fantasy, also Fantasywesen sind in unserer welt (zur Mittelalterzeit)? Oder ist es schon eine eigene Welt, wo Menschen eben auch dabei sind? Anhand der Beschreibungen der Länder kann man es nicht unbedingt sagen, da die beiden Spezies ja sicherlich andere Ortsnamen verwenden und keine gemeinsame Karte haben. Oder?
  • - Und was ist mit dem Silber? Anscheinend ist jede Spezies gierig nach Silber, obwohl sie kein Geldsystem haben. Naja, vielleicht doch, aber die Gesellschaft schien nicht wie unsere Moderne. Und dadurch dass sie in kleinen Völkern leben, die sowieso alles untereinander teilen, brauchen sie auch kein Handelssystem. 
    Nun, das Ende hat was darauf hingedeutet, also womöglich ist es noch ein Rätsel und wird dann in den nächsten Bänden aufgedeckt. 
  • - Was sind die Probleme deren Gesellschaft? Bei den positiven Punkten hab ich erwähnt, wie ich deren Gesellschaftsaufbau gut finde. Dadurch, dass es so gut ist, fragt sich aber, welche Probleme sie haben. Naja, außer das mit den Frauen und dem Zweikampf, aber das scheint nur mich zu stören, nicht sie. 
    Wirkt ein wenig zu utopisch. Und momentan auch sehr heteronormativ-"perfekt". Keine Diversitäten bei Sexualitäten, aber ebenso keine beim Aussehen. Gibt es Behinderungen oder sonst was? Oder wird jeder in das perfekte binäre Bild geboren und hat keine Probleme? 

Ja, ist ein wenig viel. Aber es gibt durchaus auch Positives.

1) Gleichstellung der Geschlechter. 

Wie gesagt, die Geschlechter werden größtenteils als ebenbürtig beschrieben und beim Aussehen gibt es keine großen Unterschiede. Jeder bekommt außerdem das gleiche Training und darf selbst entscheiden, welchen Job derjenige später machen will. Kriegerinnen sind nicht selten und ebenso wäre es normal, wenn ein Grintelmann Näher oder Koch wird.

2) Die Demokratie. Fast wie eine Utopie.  

Ja, es gibt einen König, aber das Anti-Klischee hier ist, dass dieser nicht durch Geburt oder Blut ernannt wird, sondern vom Volk gewählt. Und erstmal wird man zum Prinzen, bevor der Prinz dann vom König gelehrt wird und erst dann König wird, wenn der vorherige König die Krone abnimmt. Das muss nicht mal durch Tod passieren, sondern ist oft so, dass er das Alter erreicht hat oder einfach keine Lust mehr hat, König zu sein (lol).
Der König ist ebenso kein richtiges höheres Rang, sondern bloß der Repräsentative vom Volk. Viele wollen gar nicht mal Prinz/König werden, weil das nur mehr Verantwortung und Pflichten bedeutet. 

3) Deren Einstellung zum Tod.
 

Ist eine kleine Sache, aber es ist immer wieder toll zu sehen, wenn Völker keine negativen Einstellungen zum Tod haben und demnach die Verstorbenen nicht nachtrauern, weil sie glauben, diese nun endlich frei sind. Ich kann dem nur zustimmen, und bin der gleichen Meinung wie sie.
 

4) Die ganzen Klischees auf einmal. 

Überwiegend noch ein negativer Punkt, aber andererseits, dadurch, dass hier gefühlt mehrere Bände übersprungen wurden, muss man sich in den nächsten Bänden nicht quälen, dass der Autor den Protagonisten endlich
zum König ernennt, weil er das jetzt schon mehr oder weniger ist.
 
Ist auf der einen Seite erfrischend, dass das alles so schnell gelaufen ist, denn so weiß man nicht, was genau der Plot der nächsten Bände sein wird. Wie muss sich der Protagonist denn noch beweisen, wenn er schon den höchsten Rang hat? Damit kann sich der Autor auf andere Sachen konzentrieren, und die Möglichkeit besteht auch noch, dass Wattsche seinen hohen Rang verliert.

5) Die lustigen Namen! 

Eigentlich nur bei den Männern, aber naja, trotzdem. Der Protagonist heißt zum Beispiel <i> Wattsche </i>. Dann gibt's noch Linkshand, Grunzer, Eisenmund, ...

6) Das leckere Essen und Trinken. 

Lustig, aber ist so. Grintel sind ja keine Menschen und haben durchaus eigene Speisen. Zum Beispiel Kürbistee oder Brombreerbrause oder Waldmeisterbowle. Kreativ. Weiter so, und dann kann man ein Fantasy-Kochbuch rausbringen – sowas find ich immer toll.

7) Der Schreibstil 

Einfach, aber angenehm und schnell zu lesen. Alles konnte man sich gut vorstellen, von daher ist mir ein hoher Wortschatz auch nicht wichtig.
Die Schrift im Taschenbuch ist groß – nicht so groß wie bei Kinderbüchern, aber größer als bei YA –, was ebenfalls angenehm ist. Zumindest meine Augen bevorzugen größere Schrift.

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Viele negativen Punkte, aber wie gesagt auch positive. Mir hat im Großen und Ganzen das Lesen schon Spaß gemacht und war auch schnell durch (3h). 
Auch wenn ich nicht sooo erpicht auf die nächsten Bände bin, werde ich sie mir wahrscheinlich dennoch durchlesen. Vor allem auch wegen dem Worldbuilding, hoffe ich, dass einiger meiner Fragen beantwortet werden, von daher fände ich eine Fortsetzung so oder so sinnvoll.

Generell bin ich gespannt auf mehr vom Autor, denn Potential hat er.
Und sein Autorenportrait ist auch echt kreativ!

Übrigens gefällt mir das Cover auch sehr gut – einfach und monoton, aber treffend. 

-26.11.23